
09 Jun Münzen
Ich sitze auf dem Schulterblatt auf einer Bank. Es ist viel los. An mir laufen zwei Leute vorbei. Sie sagt zu ihm, er würde heute ein bisschen wie ein Penner aussehen. Da würde aber noch der Becher fehlen, antwortet er darauf.
Sie würde ja hier und da etwas geben. Im Moment hat sie aber ja auch viel weniger und gibt darum nichts mehr. Wie viele Menschen wohl so denken?
Ein paar Minuten später steht jemand vor mir und fragt nach etwas Kleingeld. Er trägt einen vollgepackten Rucksack. Er hat einen Hund dabei. Ich krame in meinem Beutel nach Münzen und lege sie ihm in die Mütze, die er mir entgegenhält.
Am liebsten würde ich den Menschen das Geld in die Hand geben.
Als nächstes kommt jemand vorbei, den ich schon länger aus dem Viertel kenne. Er verkauft hier in der Gegend Zeitungen. Wir erkundigen uns, wie es dem anderen geht. Ihm drücke ich noch etwas direkt in die Hand. Wir verabschieden uns, bis zum nächsten Mal.
Ein bisschen später fragt mich eine Frau nach Geld, von der ich nicht ansatzweise gedacht hätte, sie sei bedürftig. So ist es wohl am häufigsten. Ich hole meine letzte Münze heraus und gebe sie ihr.
Jemand durchsucht die Mülltonnen am Straßenrand. Er tritt auch an mich heran, doch ich habe nichts mehr. Mein Kleingeld ist alle, sage ich ihm. Dasselbe muss ich auch der Frau sagen, die den Weg zu mir findet. Sie fragt nach einer Kippe, ich reiche ihr mein Drehzeug und sie rollt sich eine Zigarette.
Ich sitze noch eine weitere Stunde auf der Bank und in der Zeit kommen noch viele andere Menschen zu mir.
Ich weiß, dass ich nicht allen Geld geben kann. Ich versuche mein Kleingeld immer zur Hälfte mit dem, der mich fragt, zu teilen – bis es dann irgendwann weg ist. Doch nur weil ich kein Geld mehr habe, bedeutet das nicht, dass ich nichts mehr geben kann.
Ich zeige Respekt, indem ich aufmerksam bin. Ich gucke meinem Gegenüber in die Augen und zeige, dass ich seine Belange ernst nehme. Ich höre zu und antworte ehrlich. Ich bin offen und unterhalte mich gerne. Zumindest verabschiede ich jeden mit freundlichen Worten. Das alles habe ich noch für meine Mitmenschen übrig.
Autor: Dominik Bloh
Foto: GoBanyo