Mehr als nur helfen

Ich sehe auf den Treppenstufen eine unserer Helferinnen am Bus mit einem unserer Dusch-Gäste zusammensitzen. Stundenlang unterhalten sie sich.

Wir sind im Park Fiction. Ich denke darüber nach, wie viel passiert ist, damit sich diese Wege so kreuzen und ich dieses Bild vor Augen sehe. Ich denke an viele solcher Geschichten.

Jemand anderes erzählte mir, dass sie jeden Morgen die Flaschen aus ihrem Familienhaushalt einsammelt und an der Ecke bei einer Gruppe abgibt, die dort Platte macht.

Sie freuen sich täglich über die liebe Madame, die vorbeikommt und bedanken sich herzlich.

Ihr Mann mahnte schon an, nicht immer alles Pfand wegzugegeben. Darauf hat sie sich auch etwas Schlaues ausgedacht. Sie schlug ihm vor, selber das Pfand wegzubringen wenn ihm so viel daran gelegen ist. So wichtig war es aber dann wohl doch nicht und so gehen die Flaschen weiter an die Jungs.

Das sind womöglich Menschen, an die man vorher noch nie gedacht hat.

Als wir mit dem Bäderland gemeinsam das Schwimmbad aufgemacht haben, war da eine junge Frau, die dort arbeitet und die Kabinen reinigen sollte. Sie war unsicher und wusste nicht, was sie erwartet. Sie hat gefragt, ob es eklig wird wenn man da sauber macht. Eine Woche später kam sie zu mir und bat mich, mein Buch zu signieren.

Vor ein paar Tagen habe ich sie das erste Mal außerhalb ihrer Arbeit gesehen. Sie kam mit ihren Eltern zum Bus, sie machten einen Stop auf ihrer Fahrradtour, um uns zu besuchen. Sie trägt das schon weiter an die nächsten.

Heute hat sie Peppi am Krankenhaus besucht, ihm frische Wechselsachen vorbeigebracht und nach ihm gesehen. Sie hat grade frei und Zeit. Darum ist sie morgen auch wieder am Krankenhaus.

Innerhalb von ein paar Wochen kann sich viel verändern.

Auch diese Geschichte hat mich berührt: Nach seiner Schicht am Duschbus hatte ein Helfer noch ein Gespräch mit einem Gast. Danach ging er nach Hause und beschäftigte sich den ganzen Nachmittag mit Recherche zu Stuhlinkontinenz. Er machte sich Notizen und ging los um die richtigen Windeln zu kaufen.

Als er das so erzählt ist da nichts Komisches dran. Es ist auch nicht eklig. Man zeigt Verständnis für jemand anderen in einer anderen Situation. Es ist Mitmenschlichkeit. Das beeindruckt mich am meisten. Die Menschen, die zu uns an den Bus kommen, zeigen kein Mitleid, sondern Mitgefühl.

Das ist ein großer Unterschied und das spüren die Menschen auf der Straße.

So entsteht vertrauen und dadurch trauen sich alle mehr. Ich glaube, es geht vielen wie mir. Es ist mehr als Arbeit. Es wird mehr als ein Ehrenamt. Man hilft nicht nur anderen. Es wird zum Alltag und die Menschen werden Teil des eigenen Lebens.

Autor: Dominik Bloh

Foto: Gülay Ulas