Housing First

In Hamburg wurden 170 Menschen für mehrere Wochen in Hotels untergebracht. Sie konnten eine Pause von der Straße machen und sich kurz erholen.

In dieser Zeit konnten sich die Menschen ausruhen und sortieren, um nun die nächsten Schritte zu schaffen die sonst zu schwer waren. In der Ruhe liegt die Kraft. Ein bisschen davon konnte man wieder auftanken.

Zum großen Glück haben manche eine Wohnung gefunden und müssen nicht wieder zurück auf Platte. Es ist traurig zu wissen, dass die meisten wieder obdachlos geworden sind.

Das Housing First Konzept ist meiner Meinung nach die einzige richtige Lösung, um Obdachlosigkeit, wie wir sie geschaffen haben, in Deutschland zu beenden.

In Hamburg startet demnächst genau so ein Housing First Projekt¹. Das ist ein guter Anfang. In Finnland hat man im Jahr 2008 schon mit diesem Ansatz begonnen². Inzwischen sind dort viel weniger Menschen, die auf der Straße leben müssen. Damit ist Finnland das einzige Land in Europa, in dem die Zahl sinkt.

Davor war es nicht anders als überall sonst auch. Es gab immer mehr Menschen ohne festen Wohnsitz und die Unterbringungen die geschaffen wurden, reichten nicht aus. Vom Platz her und von den Anforderungen.

Es bot sich dasselbe Bild in den Städten, das wir hier auch kennen. Das führt zu einem der großen Probleme an sich. Wir haben uns an Obdachlosigkeit gewöhnt. Es sieht niemand akut einen Grund etwas zu ändern. „Das gehört halt dazu…“ sagt man dann gerne.

In Finnland hat man damals schon verstanden, dass dieses System nicht funktionieren kann.

Sie haben etwas geändert. Dort gibt es Träger die auf dem privaten Markt Wohnungen kaufen oder bereits bestehende Immobilien renovieren. Sie kümmern sich als Hausverwaltung um die Gebäude.

Es sind meistens Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen. Ein Einzug ist ohne Voraussetzungen möglich. Sozialarbeiter können beratend tätig sein und bei den ersten Schritten unterstützen. In vielen der vorherigen Unterbringungen sind Büroflächen für soziale Träger entstanden. Andere Einrichtungen hat man zu komplett neuem Wohnraum umgebaut.

Die meisten Menschen kommen von der Straße weg. Das zeigen zumindest die Ergebnisse in Finnland. Dort bleiben 4 von 5 Menschen über einen längeren Zeitraum in ihrer eigenen Wohnung. Viele schaffen einen Neustart.

Diese Chance kostet Geld. In den letzten 10 Jahren wurden 270 Millionen Euro investiert in den Aufbau, den Kauf von Wohnungen und dem Renovieren von Häusern die für das Programm benötigt wurden, um genug Platz für alle zu schaffen.

Damit hat man sogar weniger Kosten als zuvor, wo Obdachlosigkeit dazugehörte.

Das Hilfesystem aufrecht zu erhalten wie es ist, wird immer teurer. Wir haben so einen großen Verwaltungsapparat. Die Menschen befinden sich in einer Notsituation. Häufig wird daher das Gesundheitssystem, die Polizei und das Rechtssystem eingesetzt, wofür am Ende mehr Ausgaben entstehen, als durch bedingungsloses würdevolles Wohnen.

Finnland ist ein Land, das es bereits vorgemacht hat. Es gibt in anderen Großstädten ähnliche Erfolge. In Wien leben dank Housing First mehr als 600 Menschen in ihrer eigenen Wohnung.

Es mag sein, dass ein Teil der Menschen immer auf der Straße sein möchte. Das ist als selbstbestimmtes Lebenskonzept auch völlig in Ordnung.

Die politische und gesellschaftliche Lösung sollte aber sein: Wohnen für alle.

Jeder Mensch braucht ein Zuhause.

 

Autor: Dominik Bloh

Foto: © GoBanyo

Quellen

  1. https://www.hinzundkunzt.de/cafee-mit-herz-mietet-wohnungen-fuer-obdachlose/
  2. https://www.pressenza.com/de/2020/07/finnland-beendet-die-obdachlosigkeit-und-bietet-allen-beduerftigen-eine-unterkunft/